In Wuppertal ist noch bis Mitte Juni eine Ausstellung zu sehen, deren Besuch ich meinen Astro-FreundInnen unbedingt ans Herz legen möchte.
Es ist die Jubiläums-Schau zum 100. Geburtstag einer Galerie, die am 12. März 1912 in der Potsdamer Straße 134A eröffnet wurde.
Potsdamer Straße 134-136 in Berlin-Schöneberg
Heute erinnert nichts mehr an diese Galerie, die einst das Zentrum der europäischen Avantgardekunst war. Ihr Name lautet wie die gleichnamige Zeitschrift: Der Sturm, die seit 1910 einmal in der Woche erschien und zehn Pfennig kostete.
Herausgeber war Herwarth Walden. Walden hatte Musik studiert, komponierte und war Pianist. Er schrieb aber auch Lyrik, Prosa und Kunstkritiken. Mit seiner Galerie wurde er zum wichtigsten Förderer der jungen Wilden, der Künstler des Expressionismus, die vor und nach dem ersten Weltkrieg die Kunst revolutionierten.
Die Wuppertaler Ausstellung versammelt all die Künstler, die durch den Sturm bekannt wurden. Da sind die großen Namen Franz Marc, August Macke, Gabriele Münter, Marc Chagall oder Sonja und Robert Delaunay. Und es folgen die italienischen Futuristen, die Kubisten und Konstruktivisten.
Aber auch ein Astrologie-Kollege ist dort vertreten. Das Ölgemälde Durchstoss/Drei und vier von 1921 und mehrere Tuschezeichnungen von Thomas Ring hängen gemeinsam mit Werken von Johannes Itten und anderen Künstlern in der Abteilung Kosmische Malerei.
Farbkreis von Johannes Itten – Bildquelle: Wikipedia
Im Ausstellungskatalog erfährt man, dass Herwarth Walden für Thomas Ring ein wichtiger geistiger Mentor war. Ring lebt seit 1905 in Berlin-Schöneberg und lernt Walden in der Galerie kennen, denn er besucht von Beginn an sämtliche Ausstellungen.
Im August 1920 hat Thomas Ring seine erste eigene Ausstellung in den Räumlichkeiten an der Potsdamer Straße. Und das private Glück kommt noch dazu. Im November 1920 heiratet der Künstler Gertrud Pauline Ernestine Schröder. Sie ist die Leiterin der Sturm-Buchhandlung, schreibt Gedichte und veröffentlicht sie ebenso wie Thomas Ring in der Sturm-Zeitschrift.
Thomas Ring, 28. November 1892, 18.02 Uhr (MEZ), Nürnberg, D
Datenquelle: Astrowiki des Astrodienst
Schaut man auf das Geburtsjahr von Thomas Ring, wird deutlich, dass die Wiederkehr des Saturn in dieser Zeit eingeläutet wird. Der Künstler feiert im November 1920 seinen 28. Geburtstag. Der erste Weltkrieg mit seinen Schrecken liegt zu dieser Zeit hinter ihm. Thomas Ring gerät am Kriegsende in Gefangenschaft und entgeht nur knapp dem Tod, Planet Pluto wandert 1918 über seinen Aszendenten. Zwei Jahre später transitiert Uranus über die Spitze des zehnten Hauses, das MC.
Man kann vermuten, dass sich für Thomas Ring in diesem Zeitraum neue Türen öffnen, gerade in geistiger Hinsicht. Er beschäftigt sich mit Astrologie, liest Sigmund Freud und setzt sich mit Carl Gustav Jungs Vorstellungen eines kollektiven Unbewussten auseinander. Karin Hoffmann hat Thomas Ring auf den Seiten des Astrodienst mit einem ausführlichen Porträt gewürdigt.
Wer die Wuppertaler Ausstellung besuchen möchte und sich für den Maler, Dichter und Astrologen Thomas Ring interessiert, sollte diesen Artikel lesen und anschließend einen Blick auf die Sidebar werfen.
Dort findet man Links zur Abschrift eines Seminars, das Ring 1974 vier Tage lang in Kopenhagen hielt. Dazu ein wunderbarer Vortrag, der im Titel zusammenfasst, was das große Anliegen des Thomas Ring war: Astrologie ohne Aberglaube.
Bildquelle: Foto Monika Meer