In der letzten Woche las ich eine Biografie über Ernst Ludwig Kirchner, dessen Todestag sich heute zum 70. Male jährt. Unter der Überschrift „Das unbehauste Kind“ erklärt der Autor Anton Henze, warum Kirchner in den ersten zehn Lebensjahren mehrere Male umziehen musste.
Seine Eltern stammten aus der Mark Brandenburg, gingen jedoch nach Aschaffenburg, da der Vater dort in einer Papierfabrik eine Anstellung als Chemie-Ingenieur fand. Aus beruflichen Gründen zog die Familie 1886 nach Frankfurt am Main, ein halbes Jahr später nach Perlen bei Luzern und 1890 dann nach Chemnitz.

Im Jahr 1932, Kirchner lebte mittlerweile schon rund vierzehn Jahre in Davos, nach weiteren Stationen in Dresden und Berlin, klagte er in einem Brief an seinen Freund und Sammler Carl Hagemann: „Ich weiß nicht, wohin, wenn wir hier wegziehen. Wohin? Unsereins sollte früh sterben, denn man gehört nirgends hin.“

Horoskop Ernst Ludwig Kirchner

Ernst Ludwig Kirchner, 6. Mai 1880, 6.30 Uhr (LMT), Aschaffenburg, D
Datenquelle: Datenbank des Freiburger Forschungszentrums

Im Horoskop des expressionistischen Künstlers sehen wir einen Uranus im vierten Haus. Howard Sasportas schreibt dazu. „Diese Menschen sind oft zutiefst ruhelos, sehr darauf angewiesen, den nötigen Raum und die nötige Freiheit zu haben, nach ihrem wahren geistigen Heim oder einer Art spirituellen Familie zu suchen.“

Wahrscheinlich hat Ernst Ludwig Kirchner in der Künstlergemeinschaft „Die Brücke“ diese Wahlfamilie gefunden. Sieben Jahre dauerte es, bis die Gruppe gemeinsam mit den Münchner Kollegen um Franz Marc, Paul Klee und Wassily Kandinsky 1912 den Durchbruch schaffte. Heute gelten die Gruppen „Die Brücke“ und „Der blaue Reiter“ als Wegbereiter des Expressionismus in Deutschland.

Vier Planeten im elften Haus, dem Haus der Freunde, darunter die Konjunktion von Mond und Jupiter zeigen die Bedeutung der Gruppenprozesse für Kirchner, der wohl gleichzeitig innerhalb der „Brücke“ als Primus inter pares galt. Möglicherweise ist der eingeschlossene Widder hierfür zuständig.

Mit dem Erfolg kamen die ersten Schwierigkeiten, bei dem Versuch, eine Chronik der gemeinsamen Arbeit zu verfassen, brach die Künstlergruppe auseinander. Man trennte sich und Kirchner zog 1917 mit seiner Lebensgefährtin nach Davos in die Schweizer Berge. Mit Beginn der nationalsozialistischen Diktatur 1933 empfand sich der emigrierte Künstler zunehmend als heimatlos, der Blick fällt hier nun nicht mehr länger auf Uranus in 4, sondern auf die zwölfthäusige Stier-Sonne in Konjunktion mit Neptun.

1937 wurde Kirchner wie zahlreiche andere, moderne Künstler von der Preußischen Akademie der Künste als Mitglied ausgeschlossen, die Nazis beschlagnahmten 639 seiner Werke und zerstörten oder verkauften sie. Am 15. Juni 1938 wählte Ernst Ludwig Kirchner den Freitod. Er erschoss sich auf einer Alpenwiese im Alter von 58 Jahren.