In der vergangenen Woche habe ich eine Neuerscheinung des Chiron-Verlags rezensiert. Sie erscheint im nächsten Meridian-Magazin. Dort kann man nachlesen, warum ich es toll finde, dass ein Verleger Texte aus vergangenen Jahrhunderten übersetzt und publiziert.

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Das Buch heißt „Über den neuen Stern“ und einer der zwei Texte in diesem Buch handelt von Tycho Brahes Entdeckung einer Supernova. Tycho Brahe lebte im 16. Jahrhundert und hatte zunächst Jura studiert, doch die Himmelskunde war seine große Leidenschaft und so wurde er Astrologe – und Astronom. Denn anders als wir heutigen Astrologen beobachtete er den Sternenhimmel, er besaß sogar eine eigene Sternwarte und er entwickelte zahlreiche Instrumente, um genaue Messdaten zu bekommen.

Heute wird Tycho Brahe als Empiriker und Astronom von der Wissenschaft gewürdigt. Dass er Astrologe war, wird gerne unter den Teppich gekehrt. In seiner Abhandlung über den neuen Stern, die 1573 in Kopenhagen erschien, veröffentlicht er aber auch das Horoskop seiner Neuentdeckung und stellt eine ausführliche Prognose auf der Basis der klassischen Astrologie.

Brahe sah die Supernova zum ersten Mal am 11. November 1572. Da es in den Tagen vorher bewölkt und der genaue Zeitpunkt des ersten Erscheinens nicht bekannt war, entscheidet er sich für das Horoskop des vorangegangenen Neumondes vom 5. November.

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Nova Stella, 5. November 1572 (jul.), Kopenhagen, D
Datenquelle: Tycho Brahe. Über den neuen Stern

Der neue Stern, im Horoskop mit einem roten Sternchen eingezeichnet, liegt auf 7 Grad Stier. Brahe arbeitete mit den sieben alten Planeten, die Transsaturnier waren im 16. Jahrhundert ja noch nicht entdeckt. Und er nutzt die Fixsterne für seine Deutung, in diesem Fall Arcturus, der eine Konjunktion mit Venus in der Waage bildet.

Arcturus ist für ihn bedeutsam, weil er auf dem gleichen Positionskreis wie Mars steht und Mars ist wiederum als Herrscher des Widders und alter Herrscher des Skorpions der dominierende Planet in diesem Horoskop.

Auch bei der Positionsbestimmung des neuen Sterns hat Brahe mit Fixsternen  gearbeitet. Er fand den verglühenden Stern in der Nähe des Sternbilds Cassiopeia. Und nachdem er den neuen Stern fast ein ganzes Jahr beobachtet hatte, wusste er, dass sich das neue Himmelsobjekt nicht bewegt.

Was er darüber schreibt und wie er seine Beobachtungen einordnet, war seinerzeit revolutionär, denn er widersprach dem großen Aristoteles, dessen Physik das geozentrische Weltbild fast 1500 Jahre gestützt hatte. „De Nova Stella“ erschien 1573 und Brahe wurde ad hoc zum Shooting-Star der damaligen Astroszene.

Es ist beeindruckend, wie exakt er den neuen Stern vermessen hat, mit seinem Abstand zur Erde, seinem Verhältnis zum Äquator und zur Breite der Ekliptik. Ja, er berechnet sogar die Größe und beschreibt das Licht und die Farbe ganz genau, indem er ihn mit dem Licht der anderen Planeten vergleicht.

Heute gibt es wenige Astrologen, die so extensiv den Himmel beobachten und vermessen können, wie Brahe dies im 16. Jahrhundert getan hat. Umso schöner, dass mit der Neuentdeckung der alten Schriften unsere zeitgemäße und moderne Astrologie bereichert wird.