Ingeborg Bachmann veröffentlichte die Kurzgeschichte „Undine geht“ 1961. Damals lebte sie mit dem Schriftsteller Max Frisch in einer gemeinsamen Wohnung. Heute weiß man, dass diese Beziehung für Ingeborg Bachmann extrem schwierig war und sehr unglücklich verlaufen ist.
In der Erzählung klagt Undine die männliche Menschheit an, ihr Leben als Frau und die Welt im allgemeinen ruiniert zu haben. “Ihr Ungeheuer mit Namen Hans!” ruft das erzählende Ich und macht den Mann mit Namen Hans zum Stellvertreter aller Männer. Die Vermutung liegt nahe, dass Bachmann in dieser Kurzgeschichte eigene Erfahrungen und ihr Liebesunglück zu verarbeiten suchte.
Ingeborg Bachmann, 25. Juni 1926, 20.23 Uhr, Klagenfurt (MEZ), AU
Datenquelle: Astrodatabank mit einem AA-Rating
Aber man darf nicht den Fehler machen, die Undinen-Kurzgeschichte oder das gesamte Werk als reine Betroffenheits-Lyrik zu verstehen. Ingeborg Bachmann war hochintelligent, sie studierte Philosophie, Psychologie, Germanistik und Rechtswissenschaften und hat über Martin Heidegger promoviert.
In ihrer Arbeit als Autorin hat sie regelrecht um die Genauigkeit von Sprache gerungen hat und jedes Wort sehr bewusst und gezielt eingesetzt. So ist die unglaublich bildkräftige Wirkung ihrer Lyrik entstanden, nachzulesen (und zu fühlen) in den berühmten Gedichten „Anrufung des großen Bären“ oder „Die gestundete Zeit„.
Das Horoskop zeigt Merkur, den geflügelten Götterboten, im Zeichen Krebs. Dort vermag er zu berühre und das Trigon zu Saturn hilft, Gefühlszustände exakt zu beschreiben.
Nun zu den Undinen, den Gefährtinnen Neptuns bzw. Poseidons. Andere Namen für die Undine sind Nixe oder Meerjungfrau. Der astrologische Blick fällt sofort auf Neptun im Horoskop. Am Ende des siebten Hauses stehend, bildet der Meeresgott ein Quadrat zur Venus im Zeichen Stier. Venus fühlt sich wohl im Stier, im Domizil, im eigenen Zeichen. Es ist eine sinnliche Venus, die genießen möchte, sich aber von einem intellektuellen Wassermann-Jupiter in Frage stellen lässt.
Hinzu kommt das besagte Neptun-Quadrat. Vermutlich fühlte sich Ingeborg Bachmann, die als junge Autorin von den alten Männern der Gruppe 47 bewundert und beneidet wurde, immer wieder zerrissen. Hin-und hergeworfen zwischen eigenen Ansprüchen, diffusen Sehnsüchten und einer spießigen 50er-Jahre-Mentalität.
So blieb ihr nur die Sprache als Möglichkeit, erlebtes Leid nach außen zu bringen, auszudrücken und durch sprachliche Abstraktion zu verarbeiten. Im Rückblick möchte man Ingeborg Bachmann, die bekanntlich 1973 unter tragischen Umständen verstarb, eine beste Freundin wünschen, eine Meerjungfrauen-Schwester, mit der sie zu Lebzeiten das Liebesleid hätte teilen können.