1952 schrieb E.H. Troinski sein Lehrbuch der Tertiärdirektionen, eine Methode, die längst in Vergessenheit geraten ist. Ab und an taucht sie nochmal in DAV-Prüfungen auf. Oder wenn Astrologie-Schüler Prognose lernen und den Primär- und Sekundärdirektionen begegnen.
Die Tertiärdirektionen sind aber kein Tool, was unbedingt in die Werkzeugkiste des modernen Astrologen gehört. Wer Entwicklungen in der Zukunft astrologisch verstehen möchte, kommt mit Transiten meist schon recht weit. Und wer genauer hingucken möchte, untersucht die Progressionen (die ja eigentlich Sekundärdirektionen sind) und macht ein Solar für das kommende Jahr, also ein Horoskop das auf die jährliche Wiederkehr der Sonne, auf unseren Geburtstag, berechnet wird.
Warum also einen alten Troinski lesen? Im Horoskop sehen wir eine Schütze-Sonne im vierten Haus. Edmund Herbert Troinski wurde in Berlin geboren, er studierte an der FU in Berlin und lebte in der Kürfürstenstraße in Berlin-Schöneberg. Er blieb ein Leben lang an seinem Heimatort.
Edmund Herbert Troinski, 19. Dezember 1910, 00.00 (MEZ), Berlin
Datenquelle: E.H. Troinski Das Weltschicksalsjahr 1959, Warpke-Billerbeck 1952, S. 6
In Berlin schreibt er ein Buch über ferne Länder und reist mit Hilfe der Tertiärdirektion einmal um die Erde herum. Die Methode wird am Beispiel von zehn Ländern untersucht, darunter die UdSSR, USA, China, England, Deutschland, aber auch Japan oder Ägypten. Mit den Tertiärdirektion für das Jahr 1959 in diesen Ländern sagt Troinski für 1959 ein Weltschicksalsjahr und den dritten Weltkrieg voraus. Er trifft seine Prognose Anfang der fünfziger Jahre zu Beginn des kalten Krieges, liegt aber voll daneben, wir wir heute wissen.
Viele Horoskope von berühmten Personen tauchen in seinem Buch auf. Er untersucht Ereignisse aus der Vergangenheit, um die Wirksamkeit die Tertiärdirektion (TD) zu beweisen, darunter Hitlers Tod, Napoleons Verbannung nach Elba, Mussolini aber auch Marie Antoinette sind vertreten und die Verhaftung und Ermordung des Kommunisten Ernst Thälmann wird mit schrecklichen TD belegt.
Sogar Ernst Reuter, der damalige Oberbürgermeister von Berlin, wird kurz erwähnt, mit einer unglücklichen TD-Konstellationen in 1953, dem Jahr des Aufstands in der DDR am 17. Juni.
Himmel über Berlin-Schöneberg
Neben diesem Einblick in die Arbeit eines Astrologen vor sechzig Jahren zeigt uns Troinskis Buch auch, wie mühselig die händische Berechnung mit Tabellen war, als es noch keine Computer und Software-Programme gab. Ohne Mathematik war es damals unmöglich, Astrologie zu betreiben. Merkur im Steinbock und ein Jungfrau-Aszendent liefern hier das Können. Dazu kommt eine gehörige Portion Skorpion: Mars im Skorpion im dritten Haus, Saturn in Haus 8, Pluto in 10 und gegenüber der Sonne und Jupiter steht auch noch im Skorpion. Da kennt man keine Gnade. Troinskis Beispiele sind allesamt sehr skorpionisch, in mehr als 80% aller Beispiele geht es um Todesfälle oder Katastrophen.
Wer Troinski liest, stellt deshalb auch schnell fest, wie sehr sich Astrologie und das Berufsbild des Astrologen in Deutschland nach dem zweiten Weltkrieg verändert hat. Troinskis Methode heißt heute Mondhoroskop, da bei dieser Methode alle Planeten und die Spitzen der Haupthäuser mit der Bewegung des (synodischen) Mondes vorwärts geschoben werden. Das bedeutet grob geschätzt, dass alle 27 Jahre der vorgeschobene Aszendent wieder am Geburtsort ankommt und mit diesem Mondbogen werden alle anderen Planeten vorgeschobenen. Die genaue Berechnung nimmt uns der Computer ab. Alles ist ganz einfach geworden, weniger technisch.
Außerdem herrscht heute eine gänzlich andere Deutungskultur. An die Stelle von Technik-Kompetenz ist Empathie getreten, die Fähigkeit, einfühlsam astrologisch zu beraten. Es geht um den Menschen, der sich und sein Leben mit Hilfe des Horoskops verstehen möchte.
Die psychologische Astrologie hat sich zu einer therapieähnlichen Lebensberatung entwickelt, gleichwohl die Bewegungen der Gestirne immer noch Schicksal anzeigen. Schicksal ist aber vielmehr die Erkenntnis der eigenen Möglichkeiten, die ergriffen und gestaltet werden wollen. Zusätzlich bieten die Gestirne mit ihren Rhythmen inneren Halt und eine sinnhafte Orientierung, die viele Menschen heute verloren haben.
Troinski, der 1982 in Berlin starb, hat die Anfänge dieser Entwicklung mitbekommen. Doch er lebte und starb sehr zurückgezogen. Das Astrowiki verrät uns, dass er nicht mal ein Telefon hatte. Heute feiert Edmund Herbert Troinski seinen 103. Geburtstag. Wo auch immer er jetzt sein mag, wir sagen herzlichen Glückwunsch!
Bildquelle: Foto Monika Meer